Mediation - Grundlagen und Geschichte






Grundlagen

 

Die Mediation in ihrer heutigen Form entwickelte sich aus der Praxis der außergerichtlichen Konfliktregelung. Sie hat dabei Ansätze der Konflikt- und der Verhandlungsforschung, des psychologischen Problemlösens, der Psychotherapie sowie der Systemischen Therapie aufgegriffen. Eingeflossen sind auch Erkenntnisse aus den Fachgebieten Konflikt- und Kommunikationswissenschaft und Humanistische Psychologie, weshalb die Grundlagen des Verfahrens auf unterschiedlichen Quellen ruhen. In Deutschland hat sich das Verfahren seit etwa 1990 zunehmend etabliert und wurde auch empirisch evaluiert.

Die interdisziplinäre Entstehungsgeschichte der Mediation und ihre daraus folgende systematische Stellung zwischen psychosozialen, rechtswissenschaftlichen und verhandlungstheoretischen Ansätzen sowie das weitgehende Fehlen von (gesetzlichen) Vorgaben führen dazu, dass es nur wenige allgemein anerkannte oder gar zwingende Vorgehensweisen in der Mediation gibt.
Wichtigste Grundidee der Mediation ist die Eigenverantwortlichkeit der Konfliktparteien: Der Mediator ist verantwortlich für den Prozess, die Parteien sind verantwortlich für den Inhalt. Dahinter steht der Gedanke, dass die Beteiligten eines Konflikts selbst am besten wissen, wie dieser zu lösen ist, und vom Mediator lediglich hinsichtlich des Weges dorthin Unterstützung benötigen. Damit grenzt sich die Mediation von der direkten oder indirekten (d.h. durch Boten oder Gesandte ermöglichten) Verhandlung zweier Parteien, vom Schiedsspruch oder anderen Formen der Gerichtsbarkeit und von der Schlichtung ab.

Der Mediator gestaltet das Verfahren unter anderem durch die Vorschläge zur Struktur und durch Fragen, die auf die Klärung von Fakten und auf die Herausarbeitung der Bedürfnisse und Interessen der Parteien zielen. Inwieweit ein Mediator es auch als Teil der Mediatorenrolle betrachtet, inhaltliche Lösungsvorschläge zu machen, und inwieweit der Mediator auch Einzelbesprechungen mit den Parteien (als „Caucus“) durchführt, ist dabei je nach Ausrichtung der Mediation unterschiedlich; im angloamerikanischen Raum wird z. B. zwischen evaluative mediation, facilitative mediation, party-directed mediation und transformative mediation unterschieden.




Geschichte

 

Der lateinische Terminus mediator bezeichnet seit dem 2. Jahrhundert den Mittler "dei et hominum", also zwischen Gott (deus) und Mensch (homo). Diese Rolle fiel im Christentum Jesus zu. In der Spätantike bezeichnete man so auch Personen, die als Fürsprecher für andere auftraten, was sich mit der Figur des Christus als Vermittler zwischen zwei hierarchisch getrennten Welten vertrug. Später wurde auch der Papst und – mit der schleichenden Sakralisierung des Königtums seit dem 10./11. Jahrhundert – der König als mediator cleri et plebis, also zwischen Klerus und Volk bezeichnet. Im Zuge der Sachsenkriege Heinrich IV. wurde der Begriff ganz allgemein auf Friedensstifter ausgedehnt, gleichgültig auf welche Art und Weise der Frieden zustande kam. Seit dem frühen 12. Jahrhundert gibt es Verwendungen des Begriffs, die seiner heutigen Bedeutung nahe kommen: Er wird auf Personen angewandt, die versuchen zwei Streitparteien außergerichtlich miteinander zu versöhnen. Dabei steht die Person im Vordergrund, nicht das mehr oder weniger informelle Verfahren, das damals kaum dokumentiert wurde und daher nur selten überliefert ist.[1] Damit einher geht die fortschreitende funktionale Differenzierung von Rechtssystem einerseits und Vermittlungsverfahren andererseits.[2] Seit dem 13. Jahrhundert wird mit dem Begriff der Mediation die zu einem Schiedsspruch oder Urteil führende Schiedsgerichtsbarkeit bei Konflikten zwischen Mächtigen bezeichnet, die die Defizite der königlichen Gerichtsbarkeit ausgleichen sollte.[3]
Eine Urform der Mediation betrifft die Vermittlung der Schamanen und Priester im Kontakt mit der übermächtigen Götter- oder Geisterwelt. Das Christentum setzt auf Begriffe wie Schuld, Vergebung und Versöhnung, und zwar auf der Ebene der Gemeinde ebenso wie in ethnischen Konflikten und bei großen politischen Umbrüchen.[4]

Zur Vorgeschichte der Mediation gehört auch die alte Tradition der von angesehenen Dritten vermittelten Streitbeilegung zwischen zum Streite mächtigen Akteuren, ohne dass diese explizit als Mediation bezeichnet wurde. Beispiel dafür ist die Versöhnung zwischen einem Herrscher und einem Rivalen oder Aufrührer, zum Tode Verurteilten oder Verstoßenen durch Fürsprache etwa eines Bischofs, wie sie für die Merowingerzeit dokumentiert ist.[5] In vorstaatlichen Zeiten stellte insbesondere die Abwendung von Blutrache zwischen benachbarten Clans durch Bußzahlung eine kollektive Vorform des heutigen individuellen Täter-Opfer-Ausgleichs dar. Auch das späte Mittelalter sah zur Abwendung der damals vorherrschenden Todes- und Körperstrafen Sühneverträge vor.
Mit dem Erstarken der formellen Gerichtsbarkeit, der Begrenzung willkürlicher Herrschaftspraktiken und der zunehmenden Fähigkeit der Zentralgewalten zur Durchsetzung von Gerichtsurteilen ging die Bedeutung dieser frühen Vorläufer der Mediation zurück,[6] um in Phasen der Schwächung der Zentralgewalten wieder zuzunehmen. So wirkten die Päpste in Ermangelung weltlicher Machtmittel weiterhin oft als Mediatoren.

Im Zuge des Rückgangs staatlicher Regulierungsaktivitäten, aber auch in den nicht gesetzlich regulierten Bereichen der internationalen Handels- usw. -beziehungen nehmen heute Konfliktlösungen durch Mediation zu. Der Mediator übernimmt in der säkularen Zivilgesellschaft also Teilaufgaben alter sozialer Rollen.[7]

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Mediation

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